Ich habe diese Homepage  meinem Sohn Sascha gewidmet, der am 13.Januar 2003 nach plötzlichem Herzstillstand verstorben ist. Obwohl Sascha seit seinem 10.Lebensjahr herzkrank war, und die Angst um ihn uns ständig begleitete, kam  sein Tod für uns plötzlich und völlig unerwartet.

Neben der Frage nach dem Warum, die mir wohl keiner beantworten kann, kreisten meine Gedanken ständig darum wie Sascha seinen  Tod erlebt hat. Hat er etwas gespürt?...  Hat er Schmerzen gehabt?.... Hat er Angst gehabt? ….  und vor allem… Wo ist er jetzt?  In   der ersten Zeit nach seinem Tod , habe ich deshalb sehr viel gelesen, Literatur zum Thema Trauer, Tod und Leben nach dem Tod und ich bin viel im Internet gewesen. Der Kontakt zu anderen betroffenen Eltern  hat mir sehr geholfen.

Wenn ich am PC sitze, fühlte ich mich Sascha irgendwie nah, denn der Computer und das Internet waren seine Welt, eine Welt die mir bis dahin immer  fremd war. Als ich zum ersten Mal die Seite geöffnet habe, die sein GTS-Clan für ihn eingerichtet hat, war ich gerührt und getröstet von der unermesslichen Teilnahme an unserer Trauer und Saschas Welt war ein bisschen näher gekommen. Auch seine Freunde Basti, Hans und Thorben hatten eine Seite gestaltet.

 Da ich sowieso immer das Gefühl hatte etwas machen zu müssen, wuchs in mir immer mehr der Gedanke an eine eigene Homepage für Sascha. Das gestaltete sich aber etwas schwierig, denn mir fehlten die Computerkenntnisse und Sascha als Fachmann. Jetzt habe ich es doch geschafft. Mit Unterstützung meines Mannes und vor allem mit Hilfe von Maik , einem Freund unserer Tochter, der auch mit Sascha Internetkontakt hatte, habe ich diese Seite ins Netz bekommen.

Ich möchte mit dieser Homepage  die Erinnerung an Sascha aufrecht erhalten, Besuchern sein Leben etwas näher bringen und  vielleicht finden hier auch Freunde und Bekannte eine Anlaufstelle.

 

Wer im Gedächtnis seiner Lieben lebt

ist nicht tot,

nur fern.

(Immanuel Kant)

Seit diesem 13.Januar ist für uns nichts mehr wie es einmal war. Die Lücke ist groß und nicht zu füllen. Sascha fehlt mir, meinem Mann, seiner Schwester Tanja und seinen Brüdern Mirko und Niklas sehr und die Sehnsucht schmerzt jeden Tag.

Ich dachte die Welt müsste stehen bleiben. Wie kann das Leben einfach weitergehen ohne Sascha?  Aber ich kann die Zeit nicht anhalten und schon gar nicht zurückdrehen. Sehr schnell musste ich feststellen, dass der Alltag unerbittlich weiterläuft. Mein Umfeld erwartet recht schnell wieder Normalität. So verhalte ich mich freundlich, neutral, lache auch, aber es ist anstrengend. Jeden Morgen aufstehen und neu realisieren, dass Sascha nicht mehr da ist fällt unsagbar schwer. Auch nach einem Jahr ist mir häufig, als lebe ich in meiner eigenen kleinen Welt,  die ich ab und zu verlassen muss z.B. zum Arbeiten und zum Einkaufen. Auf der anderen Seite bin ich froh, dass ich meine Arbeit habe, denn ich liebe sie und sie tut mir gut. Die Schule, der Kontakt mit den  Jugendlichen und den Kollegen fordert mich, und das ist gut so, aber ich brauche es  auch mich zu Hause mal kraftlos zurückzuziehen, fallenzulassen und meine Trauer zuzulassen. 

 

Geht es dir gut werde ich gefragt

im Vorübergehn

Doch, gut, sage ich und zeige das passende Gesicht:

Mein gut gehendes Gesicht.

Mein anderes Gesicht verberge ich liebevoll

Unter meiner Kleidung.

Zuhause ziehe ich mich aus.

Dann darf es Trauer tragen.

Renate Salzbrenner

 

So musste ich lernen mit vielen Menschen in meinem Umkreis Nachsicht zu üben, die wohl einfach mit unserer Situation überfordert waren und sind. Jeden Tag von neuem erlebe ich als Trauernde diese Mauer des Schweigens und Überspielens. Wer will wirklich wissen wie es mir geht?

Dabei sehne ich mich doch einfach nur nach einem freundlichen Wort, einer ehrlichen Frage nach meinem Befinden, einer einfühlenden Geste, sei es nur ein Blick oder ein Händedruck, nach jemandem, der mir zuhört oder einfach nur da ist. Aber die erlebten menschlichen Enttäuschungen sind groß und schmerzhaft. So kommt zu dem Verlustschmerz und der Sehnsucht eine innere Vereinsamung. Aber ich bin den Wenigen sehr dankbar, die geblieben oder auch neu hinzugekommen sind, die mich in meiner Trauer so nehmen , wie ich bin und mich von Sascha reden lassen. Ich will mich nicht hinter der Fassade der täglichen Routine verstecken und bringe Sascha, sein Leben und seinen Tod in vielen Situationen zur Sprache Soll ich ihn denn auch noch totschweigen und unsere gemeinsame Zeit? Viele schweigen und lenken ab, weil sie mich nicht an das traurige Ereignis erinnern wollen, dabei ist die Erinnerung doch allgegenwärtig. Die Erinnerung ist doch das was mir geblieben ist und mir Nähe gibt.

 

Viele Menschen sind überzeugt davon,

dass Stark-und Tapfer-Sein bedeutet

an „etwas anderes“ zu denken

nicht über Trauer zu sprechen.

 

Aber wir wissen,

dass wirklich Stark- und Tafper-Sein bedeutet

an das Geschehene zu denken

über das Gewesene zu sprechen

bis die Trauer beginnt

erträglich zu werden.

 

Das ist wirkliche Stärke,

das ist wirklicher Mut

und nur so wird

Stark- und Tapfer Sein

Uns zur Heilung tragen.

Sascha Wagner

 

Trauer und Tod sind Tabuthemen in unsrer schnelllebigen Gesellschaft. So sind Berührungsängste, Unsicherheiten und Sprachlosigkeit im Umgang mit diesen Themen weit verbreitet. Es macht mich traurig wie wenig Unterstützung und Verständnis trauernde Geschwister in Schule erfahren, weil sich die Aufmerksamkeit, wenn überhaupt, auf die Eltern konzentriert. (Hinweise der Verwaisten Eltern für Lehrer und Erzieher www.veid.de)  Aber sie haben nicht nur ihre Geschwister verloren, sondern auch Eltern und Familie, wie sie einmal waren. Ich kann das sehr gut nachvollziehen, denn ich habe selbst im Alter von vierzehn Jahren meinen Bruder verloren. Irgendwie finde ich es schon als paradox, dass ich als Betroffene auf andere zugehen muss, wenn ich nicht noch mehr isoliert werden will. Dabei verfügen doch eigentlich die anderen eher über die notwendigen Kraftreserven. Vielleicht kann ich einigen Menschen in meinem Umfeld die Unsicherheiten nehmen, wenn ich offen über Sascha rede. Neben dem Internet ist mir auch die Selbsthilfegruppe der verwaisten Eltern in Detmold sehr wichtig geworden. In der Gruppe Gleichbetroffener finden wir Verständnis, können uns austauschen  und erfahren, dass auch die anderen Eltern Gleiches bzw. Ähnliches wie wir erleben und empfinden.